Schon mal gehört: „In welcher Gesellschaft wollen wir leben?“
Viele Kinder- und Jugendverbände leben diese Idee, sie fragen und ermöglichen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sich zu entfalten, sich auszuprobieren, Erfolge zu haben und aus Niederlagen zu lernen. Sie vermitteln, immer wieder zu reflektieren, weiterzumachen und vor allem nicht aufzugeben.
Mir gefällt auch die Grundidee von beVisioneers, dass junge Menschen die Gesellschaft voranbringen können, indem sie Raum und Unterstützung bekommen, um sich und ihre Ideen zu entwickeln. Mit anderen Worten: Junge Menschen profitieren von der Lebenserfahrung der Älteren, indem sie ihr Wissen teilen und einen Raum schaffen, in dem junge Menschen sich ausprobieren, wachsen und Erfolge feiern können.
Besonders in den letzten Wochen ist mir klar geworden, dass ich mich gegen vieles Negative stemme. Als negativ empfinde ich die Kriege, die Besatzung von Gebieten und die Unterdrückung von Menschen, die strukturelle Gewalt gegen Menschen, so dass sie sich nicht frei bewegen und schon gar nicht frei äußern können. Die Naturkatastrophen haben schlimme Folgen, sie schränken uns ein, sie nehmen uns den Lebensraum. Sie machen Angst. Alles wird schnell viel teurer. In Deutschland wird oft geschrieben, dass Menschen bei uns nicht mehr sicher sind. In anderen Teilen der Welt ist das die Realität. In den Nachrichten, sozialen Netzwerken und Zeitungen werden wir mit traurigen und erschütternden Nachrichten überschüttet. Die Proteste gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt werden immer aggressiver und richten sich gegen alle, auch wenn man sich selbst zunächst nicht betroffen fühlt. Das macht traurig und wütend. Oft hat es den Anschein, als seien wir verloren.
Zuletzt habe ich mich mit der Frage beschäftigt: “ Opi, was habt ihr damals gemacht, als die Nazis an die Macht kamen? Habt ihr nicht gemerkt, welchen Weg sie einschlugen?“ Im Nachhinein bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich diese Frage überhaupt gestellt habe, aber ich erinnere mich sehr gut, dass meine Großeltern immer wieder erzählt haben, wie der Krieg für sie war. Damals ging es ums Überleben.
Heute stelle ich mir die Frage: „Was tue ich, damit diese Negativität, die wir erleben, transformiert wird?“
Was tue ich, damit die Welt besser wird?
Diese Frage steht für mich im Mittelpunkt meines Denkens und Handelns. Sie ist eine Mahnung und ein Wegweiser. Sie erinnert mich daran, dass ich, wenn ich nichts tue, die Negativität nicht los werde. Schlimmer noch, die Negativität wird weiter wachsen.
Gleichzeitig ist sie ein Wegweiser. Die Frage macht mir Mut. Sie erinnert mich an die Notwendigkeit zu handeln. Ich kann etwas tun, damit das Positive zunimmt. Ich kann etwas dafür tun, dass die Welt wieder glücklicher wird. Glücklich in dem Sinne, dass wir miteinander leben, einander achten, uns entfalten und ausprobieren können. Wir fördern einander und schaffen Raum, um Ideen auszuprobieren, die uns in Friedenszeiten näher daran bringen, unsere Umwelt zu schützen.
Ein Wort zum Umweltschutz. Ich bin fest davon überzeugt, dass Menschen unter uns in der Lage sind, bahnbrechende Ideen zu entwickeln und in die Tat umzusetzen. Das zeigt allein schon der Rückblick auf mein Leben. Es ist spannend zu sehen, was sich alles verändert hat: Telefonieren, Internet, Kochen, Mobilität, Bildung, Umweltschutz und vieles mehr. Deshalb bin ich optimistisch, dass wir es als Menschheit auch schaffen werden, die Umweltkatastrophen wieder zu mildern, und wenn es „nur“ Erfindungen sind, die wir als Milderung empfinden.
Heute habe ich im Handelsblatt, Ausgabe Jahreswechsel 29.12.2023 bis 1.1.2024, Nr. 251 einen Artikel von Teresa Stiens gelesen. Sie hat mich mit ihren Ideen beeindruckt! Teresa Stiens schreibt, dass wir in einer dynamischen freien Gesellschaft leben. Wir, die wir uns zu den westlichen Staaten zählen.
„Auch wenn das Versprechen der freien Entfaltung in unseren Gesellschaften bei weitem nicht immer eingelöst wird – es ist das attraktivste Angebot, das die westlichen Staaten dem Rest der Welt glaubhaft machen können. Es geht nicht darum, eine Ordnung zu schaffen, deren Regeln am Ende nur denen dienen, die sie schreiben. Vielmehr sollen sie allen Staaten dienen, die Interesse zeigen, Unterstützung bei der freien Entwicklung nach eigenen Vorstellungen sozusagen.“
„Das heißt nicht, dass wir die Menschen- und Grundrechte in der internationalen Zusammenarbeit verraten müssen. Aber vom hohen Ross herabzublicken, hat noch nie etwas glaubwürdig gemacht. Stattdessen muss der Westen eine Geschichte von sich erzählen, die die eigenen Fehler und Ungerechtigkeiten der Vergangenheit nicht beschönigt, sondern klar benennt.“
„Daran muss sich mit ehrlichem Interesse die Frage an andere Staaten anschließen: Welche Rolle wollt ihr in der Welt spielen und wie wollt ihr dorthin kommen? Vielleicht können wir dabei zusammenarbeiten, vielleicht nicht.“
Ich fühle mich von Teresa Stiens Frage „Welche Rolle wollt ihr in der Welt spielen?“ angesprochen. Sie spricht mich an, weil sie meine Frage „Was tue ich, um die Welt besser zu machen?“ unterstützt. Sie geht Hand in Hand mit der Eingangsfrage „In welcher Welt wollen wir leben?“
Howard Thurman formuliert es ähnlich:
„Frage dich, was dich lebendig macht, und tue es. Denn was die Welt braucht, sind Menschen, die wirklich lebendig geworden sind!“
Seit vielen Jahren begeistert es mich, mit anderen Menschen unterwegs zu sein. Unterwegs sein heißt für mich, gemeinsam aufzubrechen, sei es für einen Tag, ein Wochenende oder für einen längeren Zeitraum. Ich liebe es, wenn man sich dann aufeinander einlässt, sich erzählt. Und zwar nicht wie bei Facebook, nur das schöne ICH in den Vordergrund stellen, nein, wir gehen ehrlich miteinander um. Wir erzählen uns von unseren Stärken und Schwächen, von dem, was uns begeistert und von dem, was uns nervt. Wir erfinden Geschichten und Projekte. Wir füllen sie gemeinsam mit Leben.
Ich habe früh gelernt, wie wertvoll Reflexion, Mut zum Abenteuer und persönliche Weiterentwicklung sind. Ich blicke zurück auf eine bewegte Kindheit und Jugend, in der mir meine Familie Mobilität beigebracht hat. Nicht so sehr die Mobilität von einem Ort zum anderen, sondern die Mobilität im Kopf. Ich meine damit, andere Menschen zu akzeptieren. Jeder Mensch denkt anders.
In meinem Alltag fällt mir auf, dass der Fokus nicht mehr darauf liegt, sich zu entwickeln, auszuprobieren, Erfolge zu ermöglichen und aus Niederlagen zu lernen. Der Fokus liegt bei vielen von uns eher darauf, wie wir die Zeit von Montag bis Freitag, dann von Samstag bis Sonntag und schließlich wieder von Montag bis Freitag überstehen. Bevor wir es merken, ist die Zeit vorbei. Es ist unsere Lebenszeit, die vergeht.
Aus meiner Sicht brauchen wir mehr gesellschaftliches Miteinander, um aktiv zu werden. Wir Erwachsenen brauchen Frei- und Spielräume, wie wir sie als Kinder und Jugendliche hatten. Wir brauchen Gleichgesinnte, die sich mit uns auf ein Abenteuer einlassen. Das Abenteuer heißt: Was können wir jetzt tun? Was können wir ausprobieren? Was können wir besser oder anders machen? Wie können wir uns besser kennen lernen? Wie können wir einander unterstützen? Was macht uns besonders viel Spaß? Wann fühlen wir uns lebendig? Wer kann uns dabei helfen?
Ich werde mich für mehr Austausch zwischen Erwachsenen einsetzen, sei es national oder international, interreligiös oder interkulturell. Ich möchte Menschen guten Willens zusammenbringen, um gemeinsam zu wachsen und die Welt zu verbessern.
Darüber zu schreiben gibt mir ein gutes Gefühl. Im Jahr 2024 beginnt die beste Phase. Es geht ans Handeln.
Mach mit!